Klingender Gemeindebau
Ein Forschungsprojekt des MMRC, gemeinsam mit wohnpartner (unter Beteiligung der Fachbereiche „Grundlagenarbeit und Qualitätssicherung” und „Kulturorientierte Gemeinwesenarbeit” sowie des wohnpartner-Teams 14_15_16), dem Phonogrammarchiv der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (PhA), dem Mieterbeirat des Anton-Figl-Hofs und Wiener Wohnen (Abgeschlossen)
Kurzbeschreibung:
Welche Rolle spielt Musik im Leben der Bewohner*innen eines Wiener Gemeindebaus? – Dieser spannenden Frage geht das Projekt Klingender Gemeindebau nach.
Im Diskurs um leistbares Wohnen und die zunehmende Heterogenität städtischen Lebens gewinnt der Wiener Gemeindebau in der Forschung und Kulturarbeit an neuer Bedeutung. Er beschreibt aber auch ein Feld, das von den ideologischen Projektionen verschiedener politischer Parteien durchdrungen ist: Medial als gesellschaftspolitische Utopie des sogenannten Roten Wiens und zugleich als „Hotspot“ kulturalisierter Konflikte präsentiert, stellt der Gemeindebau einen sensiblen Raum dar, in dem Fragen kulturellen Miteinanders auf engem Wohnraum verhandelt werden.
Der „Klingender Gemeindebau“ wurde als angewandtes und kollaboratives Forschungsprojekt konzipiert. Es wurde von März 2021 bis August 2022 im Anton-Figl-Hof, einer mittelgroßen Wohnanlage aus den späten 1950er Jahren im vierzehnten Wiener Gemeindebezirk, durchgeführt. Durch Feldforschung und Interviews mit den Mieter*innen wurden empirische Daten erhoben, die in weiterer Folge als Grundlage für die Umsetzung von musikalischen Aktivitäten vor Ort dienten, die auf die Bedürfnisse der Bewohner*innen ausgerichtet waren. Obwohl der Projektverlauf insbesondere durch die Herausforderungen der COVID-19-Pandemie und der verstärkten sozialen Vereinzelung geprägt war, konnten 22 Interviews sowie sieben musikalische Events – Konzerte, Singalongs oder Instrumentenworkshops – mit den Projektpartner*innen umgesetzt werden.
Als zentrale Forschungsfrage wurden die musikalischen Identifikationen der Bewohner*innen in den Mittelpunkt gestellt, die verschiedenen Hör- und Musiziergewohnheiten in ihrem Alltag sowie die Verbindung zur eigenen Lebenssituation. Ebenso waren die nachbarschaftlichen Beziehungen von Interesse, die sich beispielsweise im gemeinsamen Musikhören als Form sozialer Begegnung oder im Diskurs um Lärmbelästigung äußerten. Die Annäherung an den Gemeindebau über Musik und Klang hat dabei das Potenzial, die musikalische Diversität am Beispiel des Anton-Figl-Hofs mit seiner heterogenen Zusammensetzung an Biografien, Lebenssituationen und kulturellen Präferenzen aufzuzeigen. Zudem kann der Gemeindebau als ein von verschiedenen und ambivalenten Stigmatisierungen und Diskriminierungen durchzogener Raum verstanden werden, in dem Zugehörigkeit zur Bewohner*innengruppe auch über Musik verhandelt wird.
Projektleitung: Ursula Hemetek
Projektteam: Jasemin Khaleli
Projektlaufzeit: 1. März 2021 bis 31. Juni 2022 (Forschungsphase), anschließend Umsetzungsphase vor Ort (abgeschlossen)
Finanzierung: Österreichischer Wissenschaftsfonds FWF Grant-DOI 10.55776/Z352